Zukunftsfähigkeit der Mitte-Deutschland-Verbindung herstellen – Flaschenhälse für Güterzüge, Schienenpersonenfern- und ‑nahverkehr beseitigen 2/2

Dr. Gudrun Lukin

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/4085

Zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 7/4085

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordneten, in seltener Eintracht wurde der vorliegende Antrag im Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten beraten. Sowohl die Vertreter der Koalition als auch der CDU und FDP brachten konkrete Vorschläge für die Realisierung dieses Vorhabens ein. Deswegen wundert mich das ein bisschen, dass Herr Malsch – ich will mal sagen – so emotional aufgeladen seine Rede hielt. Gut, er war im Ausschuss nicht präsent, dafür hatten die Kollegen dann dort mitgearbeitet.

 

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Dafür ist er hier!)

 

Ich bin bloß verwundert; vielleicht ist es das nächste Mal gut, wenn man eine Pressemitteilung dann veröffentlicht im Namen der Fraktion und nicht im Namen des fehlenden Abgeordneten – das ist ein bisschen problematisch.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Aber, wie gesagt, die Zusammenarbeit war gut. Bis auf den Kollegen, der heute hier als Erster völlig sinnfrei über den Zustand der Infrastruktur in Thüringen referiert hat, haben sich alle wirklich mit konkreten Maßnahmen beteiligt.

 

Wie gesagt, Fakt ist, der Bund hält nach wie vor an seiner standardisierten Bewertung fest und betrachtet nur ungenügend die Potenziale der MDV in Richtung Transitstrecke für Fern- und Güterverkehr und auch für die Verdopplung des Nahverkehrsangebots. Wir setzen deshalb nicht nur auf eine Regierungsneubildung mit anderen Prioritäten im Verkehrsbereich, sondern auch auf die vielfach proklamierte Absicht aller zukünftigen regierungsbildenden Parteien, mehr in Richtung Verkehrswende, Klimaschutz und Güterverkehrsverlagerung auf die Schiene zu tun.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Darüber hinaus ist das vielfach auch als Hemmnis für Infrastrukturprojekte sich erweisende standardisierte Bewertungsverfahren – Herr Liebscher ist schon darauf eingegangen – ebenfalls in der Überarbeitung. Bis zum Jahresende bzw. Beginn 2022 soll es neue Kriterien beinhalten. So sollen zum Beispiel eine höhere Bewertung von Klimaschäden, die Maßnahmen zur Erreichung der Verkehrswende, von Barrierefreiheit, die Entlastung anderer Strecken, Netzstabilität oder Wachstumschancen mit in die Betrachtung einfließen. Und an Geld mangelt es offensichtlich nicht so direkt, denn der Bund hat seine Zuwendungen schon vervielfacht. Allerdings haben auch andere Unternehmen wie die Bahnverbände und die Unternehmen dort große und interessante Vorschläge unterbreitet. Diese reichen von der Aufstockung des Bundesprogramms „Zukunft Schienengüterverkehr zur Förderung von Innovationen“ über die Schaffung eines staatlichen Bahninfrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild bis hin zum Aufbrechen des Finanzierungskreislaufs „Straße finanziert Straße“. Die Mittel der Lkw-Maut, der Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie CO2-Abgaben könnten einer besseren Finanzierung der umweltfreundlichen Schiene wirklich helfen. Das europäische Jahr der Schiene darf kein Lippenbekenntnis bleiben.

 

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Sicher gibt es inzwischen ehrgeizige Programme des Bundesministeriums für Infrastruktur zur Verbesserung, beispielsweise das groß angelegte Bahn-Elektrifizierungsprogramm: mit dem Bedarfsplan Schiene, mit dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – mit dem allerdings eine Förderung der Elektrifizierung des schienengebundenen ÖPNV von bis zu 90 Prozent möglich ist – und mit dem Programm Elektrische Güterbahn. Ich will aber gleich sagen: Von 173 eingereichten Objekten sind nach der Analyse des Kosten-Nutzen-Verhältnisses nur acht als sinnvoll erachtet worden. Es gibt das Strukturstärkungsgesetz und alternative Fahrzeugantriebe werden ebenfalls in die Bewertung einbezogen.

Aber was hilft uns das in diesem Moment? Nach wie vor stehen die Deutsche Bahn und auch der Bund zu der Analyse, dass zwar ein Nutzen und eine Bereicherung für den Schienenpersonenverkehr und den Güterverkehr auf der MDV gesehen werden. Die Kosten für die Infrastrukturmaßnahmen sind allerdings viel zu hoch. Damit müssen wir im Moment kämpfen. Dadurch, dass der Zeitfaktor für uns eine wesentliche Rolle spielt – und da möchte ich mich ganz herzlich bedanken, es hat sich ja schon im Ausschuss abgezeichnet –, ist das Infrastrukturministerium mit der Vorplanung in Vorhaltung gegangen. Nicht nur die Stufen 1 und 2, sondern auch 3 und 4 werden jetzt mit den 4,5 Millionen Euro in Angriff genommen.

 

Um noch mal mit Mythen aufzuräumen: Die MDV – 2015 von Christian Carius schon als durchgängig zweigleisiger Ausbau Erfurt–Gera und durchgängige Elektrifizierung angemeldet – stand auch im neuen Verkehrswegeplan 2030 lediglich im potenziellen Bedarf, und zwar mit allen Dingen was die Zweigleisigkeit zwischen Papiermühle und Hermsdorf–Töppeln–Gera, aber auch die Elektrifizierung anbetraf. Das dürfen wir nicht vergessen. Erst durch die Intervention der Landesregierung und speziell des Ministerpräsidenten ist es überhaupt erst auf die Tagesordnung gekommen und in den vordringlichen Bedarf eingeordnet worden.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Damit sollten wir in diesem Falle auch immer hantieren und die Landesregierung gemeinsam dabei unterstützen – und das zeigt dieser Antrag –, dass der Bund nach wie vor für die Infrastrukturentwicklung Schiene verantwortlich ist. Wir dürfen ihn hier nicht aus der Verantwortung lassen! Denn was passiert dann? Dann werden wir für die Strecken, auf denen im Moment überwiegend Schienenpersonennahverkehr ist, aber Güterverkehr und Fernverkehr geplant sind, auch zur Verantwortung gezogen. Der Bund ist nach Artikel 87e Abs. 4 Grundgesetz immer noch für die Gleichstellung der Lebensverhältnisse und für die Schieneninfrastruktur im Land zuständig. Wir sollten alles tun, um ihn in dieser Absicht zu bestärken, und unsere Maßnahmen zwar mit planen, aber auch so ausrichten, dass wir hier die größtmögliche Unterstützung durch europäische Fördermittel und durch Bundesmittel erhalten. Das Gemeindeverkehrsinfrastrukturgesetz in der alten Form wäre hier keine große Hilfe. Hier muss der Bund in die Verantwortung. Wir hoffen auf die neue Bundesregierung und auf die neuen Abgeordneten aus Thüringen, welche die Arbeit der bisherigen gut fortsetzen und noch verstärken. Danke.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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